Down to Art – Im Namen der Liebe

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Der Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März war Anlass für ein einzigartiges Kunstereignis in Wien. Zum „Down-Syndrom-Festival öffneten die Wiener Kammeroper und die Burgtheater-Spielstätte „Kasino am Schwarzenbergplatz“ ihre Tore für vier Aufführungen.
Die Künstler der „I Dance Company“ haben in jeder Hinsicht ein wenig mehr – mehr Gefühl, mehr Lebensfreude und ein zusätzliches Chromosom. Es sind Tänzer mit dem Down-Syndrom. Ihr Ausdruck ist klar, ehrlich, spontan und von einer Intensität, wie es sich so mancher Profitänzer wohl nur wünschen kann. Getragen von der Melodie oder ganz frei von der Seele improvisiert, ziehen die Tänzer der „I Dance Company“ die Zuschauer von der ersten Sekunde an in ihren Bann. Sie schweben, stampfen, träumen, lachen und erzählen auf ihre ganz eigene Weise ihre Geschichte. Und die macht immer wieder auf die künstlerischen Fähigkeiten von Menschen, die mit Down-Syndrom geboren wurden, aufmerksam. Nicht der Versuch, Normalität herzustellen, schon gar nicht, Mitleid zu erheischen, sondern die ehrliche Anerkennung von Talent und künstlerischer Inspiration standen im Mittelpunkt.

Die seit ihrer Geburt an einem Down-Syndrom erkrankte Birgit Ziegert malt auf dem Archivfoto im Atelier Goldstein in Frankfurt am Main an einem Bild. Das Atelier hat sich auf „Outsider Art“ spezialisiert, also auf Kunst von Menschen, die oft als Außenseiter angesehen werden.
Als eines von vier Programm-Highlights gestaltete der österreichische Schriftsteller Peter Turrini gemeinsam mit Tänzern und Tänzerinnen der „I Dance Company“ die Performance „Im Namen der Liebe“, in der die Künstler tänzerisch ihre Assoziationen zum Verliebtsein darstellten und Turrini seine Liebesgedichte las. Ob solo, als Paar oder in der Gruppe – ob Ballett, Breakdance oder Boogie, gemeinsam erzählten sie von Liebe und Zweifel bis hin zur erneuten Annäherung. „Im Namen der Liebe schreiben wir einen anderen Namen, als den eigenen“, fasste Peter Turrini die Produktion zusammen.

Das Down-Syndrom (benannt nach John Langdon-Down) oder auch Trisomie 21 bezeichnet eine Mutation des 21. Chromosoms im menschlichen Genom, die während der Zellteilung entsteht. Menschen mit dem Down-Syndrom zeichnen sich durch typische körperliche Erscheinungsmerkmale aus und sind meist intellektuell beeinträchtigt. Dennoch zeigen sie immer wieder ganz außergewöhnliche künstlerische Begabungen und Fähigkeiten.
Seit 2008 versammelt die „I Dance Company“ Künstler mit Down-Syndrom. „Der Kunst ihre Freiheit, Menschen mit Down-Syndrom ihre Kunst“ – das macht sich die Company zur Aufgabe. Sie möchte ihren Mitgliedern die Möglichkeit geben, das Tanzen zum „Beruf“ zu machen. Um diesem Anspruch auf professionellem Niveau gerecht zu werden, sorgt sich ein Betreuerteam aus Ernährungswissenschaftlern, Sonder- und Heilpädagogen sowie Tanz-und Ergotherapeuten neben der fachlichen Kompetenz auch besonders verständnisvoll um das Wohlergehen der Künstler. Die Company bezahlt die Tänzer für ihre künstlerischen Tätigkeiten und schafft damit Arbeitsplätze für Menschen mit Down-Syndrom. Stetig steigende Besucherzahlen und vor allem ein sehr treues Stammpublikum bestätigen den Erfolg.
„Seit fünf Jahren stehen wir einmal pro Jahr mit einer neuen Produktion auf der Bühne, nun möchten wir einen Schritt weitergehen und im Rahmen des Down-Syndrom-Festivals die Arbeit der Company noch stärker als eigene Kunstform etablieren. Im Tanz finden Menschen mit Down-Syndrom oft leichter ihren Ausdruck und verarbeiten dadurch Teile ihres Lebens. Das macht unsere Produktionen so besonders berührend und geht dem Publikum unter die Haut.“ erzählt Beata Vavken, künstlerische Leiterin der „I Dance Company“.
Standing Ovations und Tränen der Rührung waren nicht nur im Publikum, sondern auch bei den Mitwirkenden ein Zeichen für das ganz besondere Geschenk einer Vorstellung, in der diese jungen Menschen nicht für andere tanzten, sondern nur für sich und die Kunst.

Ein Blick auf dich
und ich seh so viel Schönheit
so viel Schüchternheit
so viel Ausgelassenheit
so viel Mut.
Was werde ich erst sehen
wenn ich noch einen Blick riskiere? (Peter Turrini)