Handel und Wandel – Handel im Wandel

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Süßer die Kassen nie klingen…

Vorweihnachtszeit ist Einkaufszeit. Worauf der Händler das ganze Jahr hofft, ist dem Käufer häufig ein Greuel – Hektik und volle Geschäfte. Doch es geht auch anders.
Mark Iden sah sich in Berlin und im Internet nach neuen Trends um.
Der bundesdeutsche Handelsverband HDE rechnet in diesem Jahr mit einem Online-Umsatz von 26,1 Milliarden Euro. Bemerkenswert ist dabei das unterschiedliche Online-Kaufverhalten zwischen männlichen und weiblichen Kunden. Demnach verbringen Frauen zwar weniger Zeit im Internet, sind aber beim Online-Kauf den Männern weit voraus. Für sie zählt die Qualität der Ware, während die Herren der Schöpfung Auktionen und Shops im Ausland vorziehen und besonders auf den Preis des Produktes achten.
Das weibliche Kaufverhalten unterscheidet sich also zumindest im Zeitaufwand für die Kaufentscheidung deutlich vom traditionellen Handel. Da wird normalerweise stundenlang gesucht, gewählt, verworfen, probiert. Im Internet fehlt offenbar die Ansprache der Sinne, weshalb es mit dem Einkauf schneller geht. Ein wichtiger Hinweis für den Online-Handel.
In Zeiten, in denen der Internethandel einen Großteil des Absatzes im Einzelhandel mitbestimmt, ist es entscheidend, sich mit Qualität, Einzigartigkeit und Erfindergeist von der Masse der Angebote abzuheben.
Wer kennt sie nicht, die briefkastenfeindlichen Konsumnachschlagewerke, die, genau wie Telefonbücher, scheinbar dem Geist der Zeit zuwiderlaufen. Doch Vorsicht: Der so genannte stationäre Handel in Deutschland rechnet 2011 mit mehr als 400 Milliarden Euro Umsatz. Da nehmen sich die 26 Milliarden Online-Handel, also etwas mehr als fünf Prozent, eher marginal aus. So gesehen haben die Katalog-Dinosaurier auch mit Blick auf eine immer älter werdende Bevölkerung vermutlich noch eine ganze Zeit ihre Berechtigung.
Trotzdem ist auch für diese Unternehmen der Auftritt und die Vermarktung ihrer Artikel im Internet unerlässlich. Selbst schwedische Möbelhäuser können sich nicht allein auf den Hotdog und Köttbullarkunden verlassen und bieten inzwischen beeindruckende Einrichtungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf ihren Seiten.
Das besondere Geschenk ist gerade zur Weihnachtszeit gefragter denn je. Krawatten, Socken oder Parfüm sind für viele tabu. Das Geschenk soll zum Erlebnis werden, eine Geschichte erzählen oder durch exklusiven Geschmack überzeugen. Dafür sind Ideen erforderlich, die den Kunden anregen, ihn „mitnehmen“ und begeistern. In einer Überflussgesellschaft geht es nicht mehr um die Befriedigung elementarer Bedürfnisse, sondern um einen Ausdruck elementarer Individualität. Das ist ein entscheidender Wandel im Handel.

Erfindungen zu verkaufen

Erfindergeist Daniel Düsentrieb würde angesichts der Vielfalt des „Erfinderladens“ vor Neid erblassen. Solche Läden gibt es in Berlin, Salzburg und natürlich auch online. Seit mittlerweile 13 Jahren treffen hier kreative Köpfe auf Vermarktungsprofis. Ideen und Erfindungen von unterschiedlichen Personen werden gemeinsam entwickelt, getestet und vermarktet.
Gründungsidee war, dass viele Erfinder nicht die Menge liefern können, die große Handelsketten wünschen, oder einfach zu unbekannt für diese sind. Der „Erfinderladen“ versteht sich selbst als Testmarkt mit geringer Stückzahl des patentierten Produktes, also als Brücke zu einer sinnvollen großflächigen Vermarktung der Idee.
Was da alles an Kreativität so zum Vorschein kommt, und wie der Laden funktioniert, lässt sich gut verständlich in Wort und Bild auf dem Portal des „Erfinderladens“ unter www.erfinderladen.de erkennen.
Vom praktischen Korkenzieher „Twistick“ für den Schlüsselbund, der aus zwei Teilen zusammengesteckt jede Sektflasche öffnet, einem „Monsterspray“ für Kinder, die mit Lavendelöl selbst gegen Gespenster vorgehen können, oder „Bottlelight“, einer Speziallampe auf alten Flaschen, die stilvolles Licht für besondere Anlässe zaubert – den Ideen sind keine Grenzen gesetzt.
Liebes-Spielzeug mit Qualität

Völlig neue Trends im Handel sind ebenfalls in der Erotikbranche zu beobachten. Wo einst dunkle Kellerräume und schmuddelige Videokabinen das Bild prägten, dominieren jetzt trendige Farben über einladend großen Glasfronten, die kompletten Einblick in das Sortiment der „Love-Toys“-Lifestyle-Spielzeuge zulassen. Als herausragendes Beispiel sei hier die Firma Fun Factory genannt, die neben unzähligen Designpreisen auch auf die Qualität ihrer Produkte setzt. Unter www.funfactory.com kann man sich die Vorzüge jener Love-Toys zeigen und auch in Videos erklären lassen.
Eigene Wege geht auch der nach eigenen Angaben Internet-Marktführer und Konzernriese amazon.com. Bekannt geworden durch die Onlinevermarktung von Büchern, CD`s und Videos, gibt es mittlerweile alles, was das Herz des Kaufsüchtigen begehrt. Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat sich Amazon.de mit 16,7 Millionen Kunden an die Spitze der deutschen Webseiten mit den meisten Online-Käufern gesetzt. Dadurch wurde eBay mit 16,3 Millionen Käufern auf Platz Zwei verdrängt.
Gerade zur Weihnachtszeit herrscht hier ein reges Treiben in Europas größten Logistikzentren Leipzig und Bad Hersfeld. 3000 Saisonarbeitskräfte helfen dabei, das deutlich höhere Bestell-Aufkommen in der Festzeit zu bewältigen.
„Diese Zeit ist die arbeitsreichste im Jahr“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens. Im vergangenen Jahr mussten an Spitzentagen bis zu 1,7 Millionen Bestellungen von Kunden auf den Weg gebracht werden.
Niemand muss bei Schneegestöber durch volle Geschäfte drängen. Alle Weihnachtseinkäufe auf einem persönlichen Wunschzettel zusammenstellen und alles schon in Geschenkpapier verpackt direkt auf den Gabentisch liefern lassen, auch so kann man das Fest vorbereiten. Bei über
500 000 Artikeln ist für jedes Familienmitglied mit Sicherheit etwas Passendes dabei.
Allerdings: Mit dem Trend zu Individualität, Vorfreude oder Erlebnis hat das nichts zu tun. Eher mit dem Gegenteil. Also ein offenbar gegenläufiger Trend, vermutlich für die weniger zahlungskräftige Käuferschicht.
Und noch etwas breitet sich aus, was den Handel, ob nun Online oder traditionell, überhaupt nicht gefällt: der Konsumverzicht. Das spart Nerven, schont den Geldbeutel und vermeidet den Umtausch nach dem 24. Dezember. Fröhlicher Nichtkauf!

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